
Geboren als Ada Augusta Byron wächst sie in einer Zeit auf, die für unser heutiges westliches Verständnis kaum noch nachvollziehbar ist. Mädchen und Frauen ist der Weg zur Bildung verschlossen. Stattdessen wird von ihnen erwartet, sich ohne Widerspruch ihrer Rolle als Frau zu fügen.
Für Lovelace kommt das nicht in Frage, was auch an ihrer Mutter liegt. Anne Isabella Noel-Byron heiratet den romantischen Dichter Lord Byron und bekommt mit ihm eine Tochter – Ada. Als sie erkennt, dass er seinen skandalösen Lebensstil nicht aufgeben will, trennt sie sich einen Monat später von ihm. Kurz darauf verlässt Byron England und stirbt, als Ada acht Jahre alt ist. Anne Isabella Noel-Byron setzt alles daran, dass ihre Tochter auf keinen Fall so wird wie ihr sprunghafter Vater. Sie lässt Lovelace entgegen der Konvention nicht nur in Musik und Französisch unterrichten, sondern auch in Mathematik und Naturwissenschaft. Der Einfluss der Mutter scheint Früchte zu tragen: Schon früh entwickelt Lovelace ein Interesse an mathematischen Fragestellungen und Maschinen.
Mitarbeit an der "Analytical Engine"
Neben ihrer umfangreichen Bildung genießt sie auch das Privileg, schon früh mit renommierten Wissenschaftler*innen in Kontakt zu treten. Im Alter von 17 Jahren lernt sie den Mathematiker Charles Babbage kennen. Es entwickelt sich eine wissenschaftliche Korrespondenz, gefolgt von Lovelace‘ Mitarbeit an Babbages „Analytical Engine“ – eine Rechenmaschine in der Größe einer Dampflock.
Babbage hat mit Finanzierungsproblemen zu kämpfen, am Ende bleibt seine Maschine eine theoretische Konzeption und wird auch nie darüber hinausgehen. Dennoch reist er nach Turin und hält einen Vortrag über sein Projekt, woraufhin der Wissenschaftler Luigi Federico Menabrea einen Artikel über die Maschine auf Französisch verfasst. Nicht der französischen Sprache mächtig, bittet Babbage Lovelace, seine „Zahlenzauberin“, wie er sie nennt, den Text ins Englische zu übersetzen. Lovelace wittert ihre Chance und beschließt, die Übersetzung mit ihren Anmerkungen zu versehen, die um ein Vielfaches länger werden als der Artikel selbst.

Ada Lovelace in ihren "Notes"
„Die Maschine könnte auch andere Dinge außer Zahlen bearbeiten, wenn sich Objekte finden ließen, deren Beziehungen durch die abstrakte Wissenschaft der Operationen ausgedrückt werden können […].“
Da die „Analytical Engine“ nie gebaut wird, erfahren Lovelace‘ Ausführungen zu ihrer Zeit kaum Anerkennung, ihre visionären Vorstellungen eines modernen Computers sind für andere noch nicht nachvollziehbar. Lange ist sie hauptsächlich als die Tochter von Lord Byron bekannt. Im Alter von 36 Jahren stirbt Ada Lovelace an Gebärmutterhalskrebs. Zuvor verfällt sie in eine Spielsucht und arbeitet wohl an einem Algorithmus für ein sicheres Wettsystem.
„Über keine Persönlichkeit der Computergeschichte wurde mehr geschrieben als über Ada Lovelace. Doch noch immer ist sie eine Unbekannte", resümiert der Journalist Stefan Betschon. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts wird die Bedeutung ihrer Arbeit publik. Wissenschaftler*innen erkennen, dass Lovelace‘ theoretischer Algorithmus tatsächlich funktioniert hätte. Inzwischen trägt eine Programmiersprache, Kryptowährung und eine Auszeichnung ihren Namen.
Vermutlich wäre Lovelace überrascht darüber, was künstliche Intelligenz heute leisten kann. Ihre Auffassung war immer, dass der Computer unser Denken beeinflussen könne, indem er uns unterstützt. Dass er selbstständig denken könnte, glaubte sie hingegen nicht. Nach Lovelace könne die Maschine nichts hervorbringen, was der Mensch nicht bereits wisse. Heute würde man vielleicht sagen, die KI kann nichts hervorbringen, was der Mensch nicht vorher eingegeben hat. Ganz falsch lag Lovelace mit ihrer Skepsis daher nicht.
Steckbrief 1815 bis 1852
10. Dezember 1815
Ada Lovelace kommt als Augusta Ada Byron zur Welt. Ihren späteren Nachnamen erhält sie durch die Heirat mit William King, der zum Earl of Lovelace ernannt wird, wodurch Ada den Titel „Countess of Lovelace“ erhält
1832
Kennenlernen Charles Babbage
08. Juli 1835
Heirat mit William King, zusammen bekommen sie drei Kinder. Lovelace wird in ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter unglücklich, weil sie zu wenig Zeit für ihre wissenschaftlichen Arbeiten hat
1842
Babbage hält einen Vortrag über seine „Analytical Engine“ in Turin, woraufhin Luigi Federico Menabrea einen französischen Artikel über die Maschine verfasst
1843
Lovelace übersetzt den Artikel über die „Analytical Engine“ ins Englische und ergänzt ihn mit ihren „Notes“. In diesen hält sie ihr Wissen für die Nachwelt fest und schreibt den ersten Algorithmus
27. November 1852
Tod an Gebärmutterhalskrebs, zuvor verfiel Lovelace der Spielsucht
1941
Vorstellung des ersten Computers durch Konrad Zuse